PERRY-RHODAN-Kommentar 2134


RÄTSEL VON WASSERMAL


Noch wissen wir nicht, um wen oder was genau es sich bei den neun Pangalaktischen Statistikern handelt. Zumindest bei den Lebewesen in Wassermal genießen sie einen »göttlichen Rang«. Allen voran bei den Pfauchonen und den Prinzenkriegern an deren Spitze, für die die Statistiker im Zentrum der religiösen Aussagen und Vorstellungen stehen.

Angeblich wachen diese Unsterblichen Götter – wegen oder trotz der »Lauscher-Tätigkeit« in ihren Türmen? – in einem »mythischen Jenseits« über die Seelen der verstorbenen Pfauchonen, deren dortiger Stand von der zu Lebzeiten erworbenen Ehre abhängt. Verlust der Ehre wäre ein Verlust für die Ewigkeit.

Da die Prinzenkrieger seit Jahrzehntausenden oder mehr gemeinsam mit dem Guten Geist von Wassermal die interne und externe Schutzmacht Wassermals darstellen, braucht es nicht zu verwundern, dass gerade diese Aufgabe eine besondere Frage der Ehre für das gesamte pfauchonische Volk darstellt. Und ihre Erfüllung ist gozin, »Schicksal«, wobei es sich hier durchaus um einen überaus vieldeutigen Begriff dreht, der wohl ebenso Unbestimmtes, Glück und Pech, Zufall und Vorbestimmung, Krise und Chance beinhaltet.

Man mag den Glauben und die Religion der Pfauchonen ja als ausgemachten Humbug abtun, vielleicht sogar in selbstgerechtes Naserümpfen verfallen – man ist ja so aufgeklärt, tolerant, unvoreingenommen, hat die universelle Weisheit mit »Löffeln gefressen« und kennt selbstverständlich die »letzte Wahrheit« –, aber es ist kaum zu leugnen, dass es bei aller »Verrücktheit« letztlich ein höchst effizientes System ist.

Gerade weil die Pfauchonen – aller sonstigen technischen Leistungsfähigkeit und allen wissenschaftlichen Kenntnissen zum Trotz – in einer für Außenstehende zweifellos befremdlichen, erstarrten, von einem obskuren Zahlenglauben und der extrem betonten Ehre geprägten Kultur leben, erfüllten sie über die Jahrtausende hinweg ihre Schutzmacht-Aufgabe. Es war ja eine Frage der Ehre ...

Da die auf langfristige Nachhaltigkeit ausgelegten Rahmenbedingungen zweifellos auf die Statistiker zurückgehen, stellt sich wohl weniger die Frage, ob eine Beeinflussung in ihrem Sinne vorliegt, sondern bestenfalls wie massiv diese gewesen sein muss oder immer noch ist. Neu oder überraschend wäre ein solches Vorgehen nicht – wir brauchen nur an die Thoregon-Galaxis Shaogen-Himmelreich und die durch das Shaogen-Sternlicht heraufbeschworene Situation oder an die Algiotischen Wanderer aus der Chearth benachbarten Galaxis Algion zu denken.

Und das sind nur zwei Beispiele von vielen. Wie wir aus anderer Quelle wissen, spielt auch im Reich Tradom die Verquickung von staatlicher Doktrin und religiösem Dogma eine nicht zu vernachlässigende Rolle, zwar wohl aus anderen Gründen, wie wir im PR-Kommentar 2115 vermuteten, aber immerhin.

Somit sind wir wieder bei der Kernfrage nach den Statistikern, ihrer eigentlichen Natur und ihren Fähigkeiten, aber auch ihren (wahren) Motiven. Dass sie beim Herabsteigen aus den höchsten Gefilden ihrer Türme zur Oberfläche des Planeten Vision das seit der jeweils letzten »Niederkunft« gesammelte Wissen weitergeben, in den Kosmologischen Mediotheken ablegen und die niederen Wesen an ihren Kenntnissen teilhaben lassen, wird kaum altruistische Beweggründe haben.

Seit einer noch nicht näher definierten Zeitspanne »residieren« sie in ihren Türmen, »horchen« in das Weltall hinaus und sammeln unerschöpflich erscheinendes Wissen über die Gegenwart des Universums. Wozu? Welchen Grund könnte es geben, diese Wissensmengen anzuhäufen? Nur weil es »da ist«, also aus purer Neugierde? Sicher, das wäre eine Möglichkeit – es könnte jedoch sein, dass das allzu menschlich/terranisch gedacht ist.

Könnte es nicht auch sein, dass sie ihr »Lauschen« weniger aus eigenen und freien Stücken betreiben, sondern vielmehr deshalb, weil es Teil ihrer Natur ist – oder geworden ist – und sie nicht »aus ihrer Haut« herauskönnen? Dann wäre es nur ein Randeffekt, dass sie andere Lebewesen an diesem Wissen teilhaben lassen. Die ganz banale Erklärung hieße, dass sie sich schlicht und einfach in regelmäßigen Abständen vom aufgenommenen »Informations-Ballast« befreien müssen ...

Sowenig wir über die Motive wissen, so gering ist unser Wissen über die Statistiker selbst. Es scheint, dass es sich bei ihnen um Einzelwesen handelt, wenngleich um solche, denen beachtliche mentale Fähigkeiten zugeschrieben werden müssen. Sie sind offenbar an ihre riesigen Türme gebunden, überaus langlebig oder potenziell unsterblich und erscheinen jenen, die im Inneren hoch genug emporzusteigen in der Lage sind, zunächst als Schwärze, die sich dann in ein leuchtendes Sternenmuster verwandelt, welches von einer zuckenden Gestalt umschlossen ist. Nur ein Trugbild oder mehr?

Kaum weniger Fragen verbinden sich mit den Fähigkeiten. Wie haben wir uns das »Lauschen« vorzustellen? Ist es ein rein passives Aufnehmen von Informationen? Ein vom Zufall bestimmtes Erfassen? Oder können die Statistiker gezielt »auf die Pirsch« gehen und aus dem Unsichtbaren heraus den Ereignissen beiwohnen? Gibt es eine Selektion der Informationen, und wenn ja, wie wird sie erreicht? Muss bei der Aufnahme der immensen Wissensmenge nicht eine Reizüberflutung einkalkuliert werden? Letzteres würde uns zur Vermutung des »Ballast-Abladens« zurückbringen.

Noch unklarer erscheint auf den ersten Blick diese »Lauscher-Fähigkeit« an sich. Zweifellos spielen psionische Fähigkeiten und der UHF- oder noch höher frequente Bereich des hyperenergetischen Spektrums eine Rolle. Es kann derzeit nicht einmal ausgeschlossen werden, dass die Statistiker sogar »informellen Zugriff« auf den Moralischen Kode haben.

Von den Rätseln von Wassermal ist bestenfalls ein Zipfel angehoben – und schon kommen, wie im Roman geschildert, weitere Ungereimtheiten und Fragen hinzu ...

Rainer Castor