PERRY-RHODAN-Kommentar 2068


KRISENFALL HELIOT


Im Land Dommrath ist der Krisenfall Heliot eingetreten. Diese Bezeichnung stammt von den weiterhin geheimnisumwitterten Rittern von Dommrath – was sich aber genau dahinter verbirgt, ist den Beteiligten nicht bekannt. Für Sig-Zikander, als Legient der Oberbefehlshaber der Legion und unterwegs in den Checkalur 1571, wie auch für die Sambarkin an Bord der zwölf Childiree-Stationen ist es nur ein Kodebegriff, dessen Hintergründe sich ihnen entziehen.

Im Gegensatz dazu wissen wir sehr wohl etwas damit anzufangen; zumindest können wir ihn in einen Gesamtzusammenhang einordnen. Die sich daraus ergebenden Schlußfolgerungen führen uns jedoch ins Spekulative. Was wissen wir? Im Abstand von fünfzehn Millionen Kilometern umkreist ein Mega-Dom die weiße Riesensonne Mattane; schon das kann als eine Überraschung betrachtet werden, befanden sich doch die bislang bekannten in der NACHT oder im PULS und nicht »ungeschützt« im Standarduniversum.

Die Existenz dieses Mega-Doms in Dommrath sowie die Bezeichnung Krisenfall Heliot zeigen überdies deutlich, daß wir uns mitten im weiterhin mit vielen Fragezeichen versehenen Komplex rings um Thoregon und der Brücke in die Unendlichkeit befinden. Daß die Ritter jede Aktivität am Mega-Dom für die Zivilisationen von Dommrath als tödliche Gefahr und eventuelle Ankömmlinge als Boten feindlicher Mächte einschätzen, könnte man durchaus als Bestätigung der tiefen Skepsis ansehen, wie sie beispielsweise auch Stendal Navajo in Alashan zum Ausdruck gebracht hat.

Positiv scheinen die Erfahrungen nicht gewesen zu sein; völlig offen ist allerdings, ob es sich hier um eine eher grundsätzliche Ablehnung handelt oder ob es konkret mit einem »gescheiterten Thoregon-Versuch« zusammenhängt – also Dingen wie Machtvakuum, Jahrtausend der Kriege oder gar einem Zusammenbruch der PULS-Zone, wie es in Segafrendo geschah.

Im Gegensatz zu der Besatzung der SOL wissen wir beispielsweise, daß dem Ende der NACHT eine Umwandlung des Feuers von Hesp Graken folgte, dessen Plasmareste zu einem Protostern wurden, der nach weiterer Verdichtung zu einer blauweißen Riesensonne zündete (siehe PR 2047). Was mit dem Säule der Nacht genannten Mega-Dom geschah, ist nicht bekannt. Angesichts seines bei einer vergleichbaren Riesensonne befindlichen »Gegenstücks« bietet sich die Überlegung förmlich an, daß auch er nun Teil des Standarduniversums wurde. Wir wissen es nicht – und ob in absehbarer Zeit jemand in Segafrendo nachschauen kann, ist sehr zweifelhaft.

Aber angenommen, Vergleichbares hat sich im Land Dommrath abgespielt, dann stellt sich die Frage, wann das war. Leider ist über die Geschichte dieser Sterneninsel – vor allem seit hier die Ritter das Sagen haben – viel zuwenig bekannt, um konkrete Aussagen treffen zu können. Einen Ansatzpunkt gibt es allerdings: Um 3.064.000 vor Christus gab es den Kampf der Crozeiren gegen die später nur unter der Bezeichnung »die Streiter gegen das GESETZ« bekannten Feinde.

Berücksichtigen wir das bisherige Wissen rings um Thoregon, dem ja offensichtlich eine »Unabhängigkeit« von den Kosmokraten, den Chaotarchen und den Einflüssen der Kosmonukleotide sowie dem GESETZ zugrunde liegt, dürfte die Überlegung einiges für sich haben: Es sieht so aus, als habe es auch in Dommrath – damals noch Pooryga – einmal ein Thoregon gegeben. Unter großen Verlusten und Opfern müssen die Früh-Crozeiren damals gesiegt haben; in der Folge brach dann der PULS zusammen, zurück blieb nur die Riesensonne Mattane und der Mega-Dom.

Ob es sich wirklich so abgespielt hat, bleibt unbeantwortet. Offen ist ebenfalls, ob das von uns Angenommene zum Wissen der Ritter von Dommrath gehört oder ob die Informationen auf gänzlich anderen Begebenheiten beruhen.

Überhaupt: Die Ritter von Dommrath ... Es scheint naheliegend, daß ihr Name vom Dom Dommrath abgeleitet ist, der in der benachbarten Galaxie Kohagen-Pasmereix vernichtet wurde. Er sollte, genau wie der später auf Khrat in Norgan-Tur errichtete Dom Kesdschan, Zentrum eines Ordens der Ritter der Tiefe sein. Die Frage ist nun aber, ob nicht der so naheliegend scheinende nächste Schritt über das Ziel hinausschießt, denn für eine Gleichsetzung der Ritter der Tiefe mit den Rittern von Dommrath sind die bisherigen Erkenntnisse viel zu dürftig.

Das mit dem Krisenfall Heliot verbundene Szenario könnte zwar ein Hinweis in diese Richtung sein. Die übrigen mit dem Land Dommrath verbundenen Dinge jedoch – nicht zuletzt auch die von den Dommrathischen Verkündern verbreiteten Dogmen – weisen allerdings durchaus Ähnlichkeiten mit den in der Thoregon-Agenda gemachten Aussagen auf. Eine dritte Möglichkeit, der Aussage folgend, daß die Wahrheit häufig in der Mitte liegt, ließe sich durch die strikte Abriegelung des Landes sowie das Verbot der Raumfahrt belegen, sprich: Demnach wären die Ritter weder auf seiten ihrer »kosmokratischen Namensvettern« noch Teil des chaotarchischen Widerparts und auch nicht im Sinne von Helioten und Thoregon aktiv. Also ein »vierter Weg« – der der völligen Selbständigkeit und Unabhängigkeit von allen wie auch immer gearteten Einflüssen ...?

Leider muß das alles vorläufig reine Spekulation bleiben; erst weitere Informationen liefern hier vielleicht die Antworten. Fest steht nur, daß es die SOL – statt beim Mega-Dom des PULS anzukommen – nach Dommrath verschlagen hat. Sicher ist es auch nicht zu weit hergeholt, als Ursache für diese »Umleitung« den Zusammenbruch der NACHT im Augenblick des Transfers auszumachen. Und wenn wir den prognostizierten Ankunftszeitpunkt in der Gegenwart berücksichtigen, könnte mit alldem durchaus auch ein noch weitergehender Einfluß auf die Brücke in die Unendlichkeit verbunden sein, zu der die Mega-Dome ja ebenso wie die kleinen Pilzdome gehören.

Vielleicht wissen wir bald mehr – denn mit der INT-CROZEIRO scheint erstmals ein Ritter von Dommrath persönlich auf der Bühne aufgetaucht zu sein ...

Rainer Castor