PERRY-RHODAN-Kommentar 2012


VON DER ALTEN ZUR NEUEN USO (I)


Als Atlan am 1. Juli 2115 offiziell die United Stars Organisation (USO) gründete und als »Regierender Lordadmiral« ihr Chef wurde, war das zwar der Beginn ihrer Existenz als »Galaktische Feuerwehr«, gleichzeitig aber ebenso der Abschluß offizieller galaktopolitischer wie auch im Geheimen vorangetriebener Aktivitäten.

Erinnern wir uns: Atlan war mit seiner Heimkehr nach Arkon im Frühjahr 2044 der 496. Imperator des Tai Ark’Tussan geworden und versuchte in den Folgejahren, Niedergang, Degeneration und verstärkte Separatismusbestrebungen zu bekämpfen – unter dem Strich allerdings mit eher geringem Erfolg, zumindest auf den ersten Blick. Spätere Historiker kamen jedoch zu dem Ergebnis, daß Atlans Politik und Planung viel weitsichtiger und langfristiger angelegt gewesen waren, mit Konsequenzen, die zum Teil erst in jüngster Vergangenheit in ihrer ganzen Bandbreite sichtbar wurden.

Atlan war bewußt, daß die Überwindung der arkonidischen Dekadenz und Degeneration ein Prozeß sein würde, der Jahrhunderte benötigte. Mit ihm mußten zwangsläufig gravierende Umwälzungen verbunden sein, nicht zuletzt mit Blick auf die in Traditionen, Privilegien und internen Intrigen verstrickten Adelsgesellschaft sowie die im Gegenzug aus dem imperialen Verbund ausbrechenden Arkon-Nachkommen von Zehntausenden Siedlungswelten.

Zu Beginn des 22. Jahrhunderts war das Große Imperium trotz der logistischen und verwaltungstechnischen Unterstützung der Mammutpositronik von Arkon III faktisch nahezu unregierbar geworden. Verstärkte Beharrungskräfte im Kern standen der auseinanderdriftenden Peripherie gegenüber, so daß ein Bestand im alten Sinne über kurz oder lang nur durch härtestes, diktatorisches Vorgehen sicherzustellen gewesen wäre – oder eine Neuorientierung durch die Wandlung zu etwas völlig anderem erforderlich machte.

Letzteres war Atlans Ziel. Erste Überlegungen und Vorbereitungen gab es schon im Oktober 2103, doch sie mußten vor dem Hintergrund der übrigen Entwicklung rings um Thomas Cardif noch aufgeschoben werden; Atlan wörtlich in seinem Bericht (nachzulesen in PERRY RHODAN 116): Ich spielte bereits mit Überlegungen, von denen die Menschen noch nichts wußten. Wäre es nicht zu Rhodans Veränderung gekommen, hätte ich wahrscheinlich schon vor Wochen gewisse Verhandlungen eingeleitet ... Ich wußte seit einigen Wochen, daß meine Stellung unhaltbar geworden war ... Crest, der vor vielen Jahren verstorbene Wissenschaftler, hatte schon immer behauptet, die Terraner wären naturnotwendig die Erben des Imperiums ...

Ein Jahr später, Ende September 2104 vor dem Flug zum Planeten Mechanica, faßte Atlan den endgültigen Entschluß: Zum Wohle aller konnte es nur gut sein, meine illusorische Macht in ihre Hände zu legen, um im Hintergrund als Freund, Berater und Unterbefehlshaber zu wirken. Für Arkon und mein Volk gab es keine bessere Lösung. Ich hatte mich in diesen fünfzehn Minuten zu einem Entschluß durchgerungen, um den ich vorher jahrelang gekämpft hatte ... (nachzulesen in PERRY RHODAN 120).

Die Vernichtung des Robotregenten am 15. Februar 2106 sowie die nachfolgenden Auseinandersetzungen mit Posbis und Laurins verzögerten allerdings die sofortige offizielle Umsetzung noch um einige Jahre. Abseits der Öffentlichkeit leitete Atlan jedoch schon die entscheidenden Schritte ein, unter anderem durch staatsvertragliches Einbringen zahlreicher finanzstarker Planeten, Stützpunkten und Raumschiffkontingenten in die neu zu gründende Organisation, damit diese finanziell und militärisch unabhängig starten könne (nachzulesen in ATLAN-Heft 1).

Hilfreich war naturgemäß auch die Gesamtentwicklung parallel zur Posbi-Gefahr; schließlich wurde am 10. September 2113 die »Galaktische Allianz« gegründet, deren erste Mitglieder Terraner, Arkoniden und Akonen waren. Zum 1. Januar 2115 dankte Atlan dann als Imperator Gonozal VIII. ab; Großes und Solares Imperium fusionierten zum »Vereinten Imperium«, aus den Wahlen auf den Hauptwelten ging Perry Rhodan als Großadministrator hervor. Im Februar 2115 erklärten Springer, Aras und Posbis den Beitritt zur Galaktischen Allianz, weitere Völker folgten später.

Mit ihrer Gründung war die USO als Schutzmacht und übergeordnete Polizeitruppe der Galaktischen Allianz konzipiert. Vertraglich zugesagt waren zur Finanzierung zehn Prozent der arkonidischen und terranischen Staatseinnahmen; in weiten Bereichen finanzierte sich die USO allerdings selbst. Es gab eigene Handels- und Rohstoffplaneten, USO-Banken befanden sich auf Terra, Arkon II, Lepso und anderen Welten – nach 2437 auch auf Olymp. Es wurde eine eigene Schlachtflotte mit entsprechenden Werften und der dazugehörenden Schwerindustrie unterhalten, es gab Forschungsstationen und planetarische Zentren (wie beispielsweise das Medo-Center Tahun). Über Mittelsmänner oder ganz direkt waren Anteile an Konzernen, Firmen und Gesellschaften erworben worden; Immobilien, Grundstücke und häufig ganze Planeten befanden sich vollständig in USO-Besitz – ein nicht zu unterschätzender Machtfaktor.

Ihrem Selbstverständnis entsprechend war die USO selbständig, autonom und weitgehend selbst tragend; laut ihrer Charta eine überstaatliche Organisation mit eigener Souveränität, ein freier Bündnispartner – denn der Großadministrator besaß keine Befehlsgewalt. Allerdings unterstand sie der Verpflichtung, die Belange des Vereinten Imperiums und der Galaktischen Allianz zu wahren: In interne Angelegenheiten der autarken Planeten durfte sich allerdings nicht eingemischt werden; die Aktivitäten beschränkten sich auf außenpolitische und imperiumsgefährdende Verwicklungen. Aber alle Völker der Galaktischen Allianz besaßen das Recht, die USO um Unterstützung zu ersuchen. Fortsetzung folgt im nächsten PR-Kommentar.

Rainer Castor